Transzendentalphilosophie

Transzendentalphilosophie
Tran|s|zen|den|tal|phi|lo|so|phie, die <o. Pl.> (Philos.):
(nach Kant) Wissenschaft von den ↑ transzendentalen (b) Bedingungen.

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Transzendentalphilosophie,
 
eine Form philosophischen Fragens, das die jeder Erfahrung und Einzelerkenntnis vorausliegenden und diese erst ermöglichenden Bewusstseinsleistungen a priori untersucht. I. Kant entfaltet seine Transzendentalphilosophie in der »Kritik der reinen Vernunft« (1781) im Sinne eines Systems aller Verstandesbegriffe und transzendentalen Grundsätze (transzendental) a priori, insofern sie auf Gegenstände der sinnlichen Wahrnehmung und damit der Erfahrung gehen. Erkenntnis und Erfahrung kommen durch die synthetisierenden Leistungen des Bewusstseins am sinnlichen Material zustande. Die »transzendentale (oder kopernikanische) Wende« der kantischen Philosophie bestand gerade darin, an erster Stelle nicht wie üblich die Objekte vollzogener Bewusstseinsleistungen zu thematisieren, sondern jene in Abhängigkeit von der konstitutiven Subjektivität zu verstehen. Im deutschen Idealismus (J. G. Fichte, F. W. J. Schelling) gewann der Begriff Transzendentalphilosophie eine spekulativ-metaphysische Bedeutung; ausgegangen wird von einem autonomen, sich selbst bestimmenden transzendentalen Subjekt, durch dessen Tätigkeit auch die mannigfaltigen Objekte der Erfahrung konstituiert werden. - Eine neue Bedeutung gewann die Transzendentalphilosophie bei E. Husserl; in seiner transzendentalen Phänomenologie werden die Bedingungen für mögliche Phänomene aller Art so untersucht, dass die Korrelation zwischen konstitutiver Leistung und konstituiertem Sinn als Phänomene eines nicht psychologischen, sondern transzendentalen Subjektes aufgefasst werden. Ziel ist die reine Wesenserkenntnis. - Bei K.-O. Apel tritt an die Stelle der kantischen Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung die Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit von intersubjektiven Geltungsansprüchen, wie sie in jedem sprachlichen Argumentieren vorausgesetzt werden müssen. An die Stelle des transzendentalen Subjekts tritt die transzendentale (oder: ideale) Kommunikationsgemeinschaft aller vernünftigen Wesen, Erkenntnis wird in einer transzendentalen Intersubjektivität verankert.
 
 
T. Seebohm: Die Bedingungen der Möglichkeit der Transzendental-Philosophie (1962);
 R. Lauth: Zur Idee der T. (1965);
 N. Hinske: Kants Weg zur T. (1970);
 H. Holz: Einf. in die T. (31991);
 
Aufhebung der T.? Systemat. Beitrr. zur Würdigung, Fortentwicklung u. Kritik des transzendentalen Ansatzes zw. Kant u. Hegel, hg. v. T. S. Hoffmann u. F. Ungler (1994);
 Michael Mayer: Transzendenz u. Gesch. (1995);
 K. Hammacher: Transzendentale Theorie u. Praxis (1996).

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Trans|zen|den|tal|phi|lo|so|phie, die <o. Pl.> (Philos.): (nach Kant) erkenntniskritische Wissenschaft von den transzendentalen (b) Bedingungen.

Universal-Lexikon. 2012.

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